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Losung

Losung für Freitag, 19. April 2024
Noah tat alles, was ihm Gott gebot.
1.Mose 6,22

Jesus spricht:  Wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute.
Matthäus 7,24

© Evangelische Brüder-Unität

Aus der Pilotgemeinde Ludwigshafen-Mundenheim

Interview-Partner: Pfrin Schramm, Pfr. Schwarz, Herr Bensch

Das Interview führte Dietmar von Blittersdorff

Frage 1: Wer sind wir?

Wir sind eine lebendige Gemeinde in einem schwierigen Umfeld.

Wir sind steinreich, haben aber wenig flüssiges Kapital.

Wir haben Schulden von der letzten Gemeindehausrenovierung; haben eigentlich ein paar Räume mehr als wir momentan füllen können und heizen wollen.

Uns gibt es seit über 100 Jahren. Unsere Kirche, das Grundstück bekamen wir geschenkt, damit es überhaupt eine Protestantische Kirchengemeinde hier in diesem Stadtteil geben kann. Die Kirche selbst konnte nur mit Spendenmitteln des Gustav-Adolf-Werks gebaut werden. Sie steht jetzt seit über 100 Jahren. Dazu gehört ein Gemeindehaus, bestehend aus zwei Haushälften und einem Pfarrhaus aus der selben Zeit. Zwei weitere Gebäude kommen noch dazu: ein Kindergarten und ein Pfarrhaus 2 aus jüngeren Zeiten, etwa 30-40 Jahre alt.

Mundenheim ist einer der ältesten Stadtteile in Ludwigshafen; hat eine lange Tradition. Mundenheim ist kein wachsender Stadtteil mehr. Aufgrund dieser Tradition sind die Strukturen fest. Man sieht es an den Baulichkeiten. Man sieht es daran, dass keine baulichen Erweiterungsmöglichkeiten mehr in Mundenheim vorhanden sind, und man sieht es an der Bevölkerungsstruktur. Wir haben eine Bevölkerung, die sehr lebendig ist, die gewachsen ist mit der Industriestadt Ludwigshafen, die aber auch von dieser Industriestadt her seit langem geprägt ist. Herr Schwarz hat es ja auch gesagt: Wir sind steinreich, aber in einem schwierigen Umfeld. Und das, was ich angesprochen habe, soll dieses schwierige Umfeld verdeutlichen. Wir haben hier in Mundenheim neben einer guten Mittelschicht auch soziale Brennpunkte und auch diese sozialen Brennpunkte sind unsere Aufgabe. Diese wollen wir mit unserer Infrastruktur, nämlich dem, was wir an Baulichkeiten haben, auch ansprechen können.

Unser Stadtteil ist sehr gemischt. Wir haben 20% Ausländeranteil. Im Moment vorwiegend türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die Frage der Integration läuft, allerdings sehr schwach.

Wir haben einen Single-Haushalt von mehr als 50%. D.h. es gibt in Mundenheim die klassische Familienstruktur nur noch in der Minderheit. Wir haben Alleinerziehende, Verwitwete, Alleinlebende. Wir haben öfter Beerdigungen, wo kein Mensch mitgeht. Das kennzeichnet die Situation.

Unser Kontakt zur katholischen Schwestergemeinde St. Sebastian ist eine Ökumene, die von den festgeprägten Terminen lebt. Ein wirklich lebendiges Miteinander der Pfarrgemeinderäte, Presbyterium oder der Gemeinden untereinander ist noch sehr sparsam. Die Katholiken sind hier zahlenmäßig weit in der Dominanz und auch in den politischen Ämter überrepräsentiert. Das liegt ein bisschen daran, dass wir eben auch Arbeiterteil sind.

St. Sebastian, eine alte Wallfahrtskirche, 1000 Jahre Tradition und damit auch die alten eingesessenen Mundenheimer Familien sind im Zweifelsfall eher katholisch als protestantisch. Bewusst protestantische Familien im Pfälzer Sinne gibt es auch einige. Aber verhältnismäßig wenige und durch die hohe Fluktuation und der schon genannten Schichtzugehörigkeit unserer Gründungsmitglieder vor 100 Jahren sind wir eine kleine Gemeinde.

Frage 2: Warum wollen wir dieses Projekt starten?

Die kürzeste Antwort: Damit es auch in 50 Jahren hier noch eine Gemeinde gibt, die sinnvolle Arbeit machen kann. Und für das praktische ist meine geschäftsführende Kollegin zuständig.

Unsere finanziellen Mittel zwingen uns dazu und unsere vier mehr als 100 Jahre alten Gebäude ebenfalls mit unseren nicht oder kaum vorhandenen Geldern haushalterisch umzugehen; aber nicht überstürzte Beschlüsse zu fassen, die hinterher von niemand mehr mitgetragen werden können. Wir haben vor ein paar Jahren ein anderes Projekt gestartet, passend zu dem Namen unserer Kirche "Christuskirche" und haben gemerkt, in die Breite und in die Tiefe zu gehen, führt uns tatsächlich weiter und bringt uns Ergebnisse hinter denen wir dann später auch gut stehen können. D.h. auch die Verknüpfung dieses Projektes mit unserer konkreten Gemeindearbeit und der Vision mit dem Leitbild, das unser Presbyterium vor ein paar Jahre aufgestellt hat, scheint mir wichtig zu sein. Dafür möchten wir dieses Projekt auch starten.

Nach dem Leitbild und die große Zukunft schon angesprochen worden sind, gehe ich noch mal zurück darauf, dass ja unsere finanzielle Situation äußerst schwierig ist, dass wir eine Transparenz brauchen, hinsichtlich der freien Finanzierungsspitze die wir haben, die ja wirklich sehr, sehr eng ist, und wir wissen, dass unsere Baulichkeiten eben alt sind. Wir müssen wissen, welche Risiken drin stecken, damit wir erreichen, dass wir in 50 Jahren mit unserem Baubestand, die Leute, die unsere Gemeinde bilden, auch wirklich betreuen können. Deswegen wollen wir eben heute schon daran gehen an dieses Thema und wir hoffen, dass wir den richtigen Zeitpunkt erwischt haben.

Frage 3: Welche Hoffnungen verknüpfen wir damit?

Uns als Presbyterium und Pfarrerschaft ist die Aufgabe einer verantwortlichen Haushalterschaft gegeben. Wir stehen im Moment in der Situation, dass wir nicht genau wissen, wie wir das füllen und deswegen erhoffen wir uns Klarheit aus diesem Projekt heraus, was wir wirklich wollen, was für unsere Gemeinde gut sein kann und was sie dafür an äußerlichen Dingen einfach braucht und wovon sie sich auch trennen kann. Es sind ja schmerzhafte Projekte und Prozesse, und da braucht es einfach ganz konkrete Überlegungen, Daten und auch Beschlüsse, um hinterher dann zu wissen, wie es weitergehen kann.

Meine Hoffnung ist, dass dieses Projekt einen Motivationsschub bringt für das neue Presbyterium. Nämlich, das neue Presbyterium wird ja angeregt durch dieses Projekt sich damit auseinander zu setzen, ganz konkret ja über die Baulichkeiten, über die finanziellen Möglichkeiten sich klar zu werden was man an Visionen hat und wie das zusammenpasst. Wenn man sich so in das Thema hinein begibt, durch Workshops usw., dann bin ich überzeugt davon, dass es die Mitglieder des neuen Presbyteriums motiviert hier sich einzubringen und mitzumachen. Da ist so ein Projekt schon ein ganz konkreter Ansatzpunkt zur Mitarbeit und von daher erwarte ich mir, dass der Arbeitsanlauf, den das Presbyterium braucht, wesentlich kürzer ist als sonst.

Mir gefällt besonders, dass wir da ansetzen, was in den Gebäuden eigentlich passieren soll. Die Versuchung ist immer irgendwie die Löcher zu stopfen, die sich auftun, irgendwie weiterzumachen und gar nicht mehr darüber nachzudenken wozu sind diese Gebäude mal gebaut worden, was soll in diesen Gebäuden passieren, was tun wir als Gemeinde in Mundenheim oder theologisch: Wie kriegen wir das Evangelium so übersetzt, dass es hier in unseren Straßen ankommt. Das kann dann auch bedeuten bestimmte Dinge zu lassen, wenn sie diesem Zweck nicht mehr dienen. Ich hoffe, dass wir damit uns auch in einem weiteren Kreis im neuen Presbyterium und auch in der engagierten Mitarbeiterschaft diese Gedanken inhaltlich machen und es von daher dann vielleicht auch etwas leichter haben, uns von Dingen zu lösen, die tatsächlich nur Dinge sind.

Frage 4: Welche Ziele sollen damit erreicht werden?

Wenn wir hinterher einen Baubestand haben, den wir ruhigen Gewissens auch halten können, von dem wir ohne Panik sagen können, die nächsten Sachen gehen wir an für die wir Rücklagen bilden können, die dem angemessen sind, damit nicht zu viele Gedanken und vor allem nicht zu viele Nerven in die Bauangelegenheiten mehr reingehen.

Meine konkreten Ziele, die ich mit diesem Projekt verbinde, sind einmal, dass wir ja unseren Ansatz, den wir in der Christuskirche schon mal begonnen haben, nämlich Energieeinsparung durchzusetzen, eine neue Heizung einzubringen, dass wir da einen Schritt weiterkommen, dass wir diese Kapelle wirklich zu einem abgeschlossenen Raum bringen und damit einen nächsten Schritt machen zur Energieeinsparung. Dann ist es mir auch wesentlich, dass wir unser Gemeindehaus, unsere Gemeindesäle sehr viel stärker nutzen können. Wir hatten ja auch schon mal Ideen gehabt und im Presbyterium und auch in Workshops entwickelt, die dann danach noch mal gekommen sind und mit der Unterstützung von Herrn Leuz, diese Räumlichkeiten auch anzubieten, z.B. an professionelle Beratungsunternehmen, damit die da ihre Workshops und Seminare durchführen können. Das wir auf diese Art und Weise ggfl. auch noch mal zusätzliche Geldmittel gewinnen, die dann mit in den Haushalt hineingeführt werden können und damit auch sichern das Gemeindehaus für die weiteren gemeindlichen Aktivitäten wie z.B. für die Gruppen und Kreise am Abend und am Nachmittag auch für den Unterricht von Konfirmanden und Präparanden zur Verfügung steht.

Mein konkretes Ziel was ich erwarte ist, dass wir klar bekommen, was können, was wollen wir uns leisten und was können und wollen wir auch lassen.

Frage 5: Was ist unsere Vision für die Zeit danach oder damit ...

Das Leitbild unserer Christuskirchengemeinde heißt Gemeinschaft und Lebensfreude erfahren.

Und das wird in den drei Jahre danach wieder möglich sein. Das Thema Gebäude und Finanzen wird eine untergeordnete Rolle spielen. Es wird nicht als Belastung, sondern als notwendiges Ereignis stattfinden, aber es wird nicht mehr Not schaffen und schlaflose Nächte bereiten. Wir werden uns um Gemeinschaft und Lebensfreude kümmern können. Für die evangelischen Christen hier in Mundenheim und darüber hinaus für alle Menschen, die gerne bei uns Gutes erfahren möchten.

Ich habe vorhin schon angesprochen gehabt, dass dieses Projekt die Arbeit des Presbyteriums beflügeln wird und von daher bleibe ich offen hinsichtlich der Vision. Was dann konkret nach drei Jahren oder fünf Jahren hier in diesen Räumen durchgeführt wird, das soll ganz konkret von dem Presbyterium, das jetzt gewählt wird, entwickelt werden. Dann wird es nämlich getragen von der Gemeinde und deswegen halte ich mich mit der Vision zurück, weil es mir wichtig ist, dass es von der Gemeinde getragen wird.

Beidem kann ich nur zustimmen.